Internationale Bolschewistische Tendenz (IBT) — Für die politische und organisatorische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse! Keine Stimme für SPD, PDS und WASG. In: Bolschewik 15 (2006) Nr. 23., S. .6-10. — Version: 2023-04-10. — Geladen: 2024-03-29
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Für die politische und organisatorische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse!

Keine Stimme für SPD, PDS, Grüne und WASG!

Unter der Führung von linkeren Funktionären aus der SPD und der mittleren Gewerkschaftsführung formierte sich über das ganze Jahr 2004 hinweg die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG). Die WASG wagt sich jedoch nicht an eine umfassende Kritik des Kurses der SPD. Sie ist das Produkt einer Neu- und Umformierung des reformistischen Lagers. Ihr beschränktes politisches Konzept ist ein Produkt der Niederlagen, die Regierung und Kapital der Bewegung gegen den Sozialabbau zufügten.

Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen sind ein wichtiger Stimmungstest für alle Parteien, ganz besonders aber für Rot"-Grün. Mit WASG tritt zum ersten Mal die anti-Agenda 2010 eine Abspaltung der SPD zu einer Wahl an. NRW ist das Stammland der deutschen Sozialdemokratie. Ihre Hochburgen im Ruhrgebiet haben erheblich unter den Einschnitten im sozialen Bereich und den anderen aktuellen Entwicklungen zu leiden.

SPD-Chef Franz Müntefering formulierte Mitte April in seiner Rede zum Grundsatzprogramm der SPD einen moralischen Angriff auf das Kapital. Die international forcierten Profit-Maximierungs-Strategien gefährden auf Dauer unsere Demokratie &manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten&die Wirtschaft muss wissen: Sie ist für die Menschen da, nicht umgekehrt". Die Absicht ist klar. Die proletarischen Wähler, die scharenweise der Agenda-2010-SPD weglaufen, finden sich wieder in diesen verkürzten Kritiken der kapitalistischen Realwelt. Münteferings Lippenbekenntnisse mögen medienwirksam sein. Der konsequenzlose Vorstoß des führenden Reformisten hat jedoch ganz andere Gründe.

Zum einen ist klar, dass die Basis der SPD mit Magenschmerzen Wahlkampf macht. Der zentrale Wahlkampfauftakt in der Dortmunder Westfalen-Halle am 9. April war ein Flop. Zum anderen bereitet die Arbeiterklasse, die jahrzehntelang fest an die Sozialdemokratie gebunden war, nun der SPD eine Wahlniederlage nach der anderen. Anfang des Jahres 2005 wandten sich 12% der Arbeiter in Schleswig-Holstein von der SPD ab. Seit 1990 hat die Partei ca. 300 000 Mitglieder verloren. Der Sozialraub durch die Agenda 2010, und speziell die Hartz-Gesetze, forcierte diese Entwicklung. Ein kleiner Teil derer, die organisatorisch und politisch mit der SPD gebrochen haben, findet sich in der WASG wieder.

Zentraler Adressat der anti-kapitalistischen" Aussagen sind somit die langjährigen SPD-Wähler, die heute darüber nachdenken, ihre Stimme der WASG zu geben.

Die Ausgangslage

Über fünf Millionen Arbeitslose meldete die Bundesregierung Anfang 2005. Die widerlichen 1-Euro-Jobs verdrängen tariflich abgesicherte Arbeitsplätze; der 2. Armutsbericht stellt eine wachsende Armut fest, und jede mögliche Regierungskonstellation verspricht weitere Sozialabbaupläne, während unterbezahlte osteuropäische Arbeiter zu Sündenböcken für die Arbeitslosigkeit gemacht werden. Die rechtsradikalen NPD, DVU und Kameradschaften haben Oberwasser. Kurzum: Die Offensive des deutschen Imperialismus nach innen geht ungebremst weiter. Das Kapital muss, um mit der weltweiten Konkurrenz mitzuhalten, trotz großer Gewinne massenhaft Arbeitsplätze abbauen, um auch in Zukunft profitabel zu bleiben.

Die Zustimmung der Gewerkschaftsführung zum Sozialraub der Regierung geht nicht spurlos an den organisierten Arbeitern vorbei. So hat zum Beispiel die IG Metall im Jahre 2004 100.000 Mitglieder verloren. Da helfen auch die halbherzigen Unterstützungen der Gewerkschaftsführungen für einige Aktionen nicht mehr. Die Massenproteste gegen den Sozialabbau vom Sommer 2003 bis zum Ende 2004, mit den Massenmobilisierungen am 1. November 2003 und am 3. April 2004, der zeitweiligen Massenbeteiligung an den Montagsdemonstrationen im Sommer 2004, sowie zahlreichen lokalen und regionalen Aktionen in ganz Deutschland zeugen von einem Widerstandspotential gegen den Sozialabbau der Regierung. Die Streiks bei Daimler-Chrysler, VW und der wilde Streik bei Opel sind Beispiele für ein Kampfpotential in den Kernbereichen der multi-nationalen Arbeiterklasse. Mit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze am 01.01.2005 erlitt diese Bewegung eine Niederlage.

PDS: Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen

Die PDS hat bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen im Herbst 2004 ihre kommunalpolitischen Mandate von 55 auf über 120 erhöht. Dieser Wahlerfolg war auch ein Produkt der anti-Agenda 2010-Stimmung. Doch die PDS ist eine Mogelpackung im reformistischen Gewand. Die Konzeption der PDS sieht vor, den Sozialabbau abzulehnen, um diesen konsequent umzusetzen, sollten sie in die "Regierungsverantwortung" kommen. Das Wahlprogramm der PDS (http://www.pds-nrw.de/ LTW/ PDF/Landtagsprogramm.pdf) unterscheidet sich kaum von den Konzepten der WASG. Deshalb werden wir auch der PDS keine Wahlunterstützung geben.

Wahlprogramm der WASG: Zwei Schritte zurück, keinen vorwärts

Die WASG tritt mit einem biederen keynesianistischen pro-kapitalistischen Wahlprogramm an. Sie propagiert bürgerliche Wundermittel gegen die kapitalistische Krise: Kleinere und mittlere Unternehmen sollen mit öffentlichen Investitionsprogrammen Arbeitsplätze schaffen. Der Kapitalismus basiert jedoch auf der Konkurrenz der Unternehmen. Ein möglicher staatlicher Eingriff zugunsten lokaler" Unternehmen schafft für diese nur bessere Bedingungen im Konkurrenzkampf gegen andere Unternehmen, in denen dann die Arbeitsplätze zerstört werden. Arbeitslosigkeit ist eine notwendige Begleiterscheinung des niedergehenden Kapitalismus und kann durch staatliche Eingriffe nicht unterbunden werden.

Selbst wenn die WASG eine positive Forderung aufstellt, wie die nach einer massiven Arbeitszeitverkürzung, steht dahinter die reformistische Hoffnung, diese per Gesetz von oben zu erreichen. In Zeiten, in denen die Arbeiterklasse durch ihre Fehlführung eine Niederlage nach der anderen einfährt, und z. B. die Leistungen der Tarifverträge mit Hilfe der bürgerlichen Kräfte in den Reihen der Arbeiter wiederholt unterschritten werden, sind aber solche Forderungen nur in Verbindung mit einem Klassenkampf, der an die Grenzen des Ausbeutungssystems geht, zu erreichen.

Das Wahlprogramm der WASG ist von der ersten bis zur letzten Seite ein einziger Aufruf für einen besseren, sozialeren Kapitalismus. An keiner Stelle des Programms wird die soziale Marktwirtschaft" auch nur ansatzweise in Frage gestellt. Lediglich die neoliberale" Regierungspolitik wird als falsch bezeichnet.

Einen tiefen Einblick in das Wesen der selbstproklamierten Partei für einen Sozialstaat bietet der Anti-Nazi-Teil in der Kurzform des Wahlprogramms. Dort werden beschränkte, antirassistische Positionen formuliert: Die WASG steht für den gemeinsamen Kampf von Deutschen und Nichtdeutschen für Arbeit und soziale Gerechtigkeit " und es werden Gleiche Rechte für alle Menschen" gefordert. Die Forderung nach einem Anti-Diskriminierungsgesetz" und nach dem Einsatz von MigrantInnen in Behörden und bei der Polizei" zeugen von der großen Illusion in einen klassenneutralen, nicht-rassistischen Staat.

Sollte dies in die Praxis umgesetzt werden, würde der Flüchtling mehrsprachlich in sein Heimatland abgeschoben werden, oder der Nichtdeutsche würde dann bei der Ausländerbehörde in seiner Muttersprache schikaniert und gedemütigt werden.

Wahrlich keine Perspektive. Die Polizei und die staatlichen Behörden sind keine neutrale Instanz, denen es an Transparenz oder Demokratie fehlt. Die Aufgabe der Polizei ist die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung. Dazu gehören Streikbrechen, allgemeine Bespitzelung linker Personen und Gruppen, sowie das Schützen von Naziaufmärschen. In welcher Muttersprache der Gummiknüppel geschwungen wird, ändert nichts daran, dass die Polizei auf der anderen Seite der Klassenlinie steht. Polizei: Raus aus dem DGB!

WASG: Offen nach rechts, Angst vor links!

Im April 2004 fing der Formierungsprozess der heutigen WASG an. Schon in der ersten Erklärung schloss man eine links-sozialistische" Orientierung aus. Es wurde jeder sichtbaren Regung nach links schnell ein bürokratischer Riegel vorgeschoben. Als Linksruck-Vertreterin Christine Buchholz in die WASG-Führung gewählt wurde, beschwerte sich Thomas Händel, ebenfalls Führungsmitglied, in der bürgerlichen Presse über diese Wahl. Die Sozialistische Alternative Voran (SAV) wurde mit Ausschluss bedroht, und als die Gruppe Arbeitermacht (GAM) ihr Alternativprogramm vorstellte, in dem das Wort Arbeiterregierung" vorkam, ließ sich Axel Troost, ein weiterer Bürokrat der ersten Stunde, zu dem Statement hinreißen: Über eine Arbeiterregierung diskutieren wir nicht!"

Mitte Februar wagte Klaus Ernst, Mitgründer der neuen Partei, einen Vorstoß gegen die SAV. Von der Basis zunächst zurückgepfiffen, verfasste die WASG-Führung jedoch dann einstimmig eine Ausschlussdrohung gegen alle Linken. Vertreter linker Organisationen wie Linksruck, GAM, internationale sozialistische linke (isl) oder SAV sind nur noch bis zum 31.12.2005 in den Reihen der WASG geduldet.

Warum das Theater?

Sehnsüchtig schielt die WASG-Führung nach einem Prominenten, mit dem publikumswirksam Wahlkampf zu machen ist. Dabei sind die jungen SAV-Genossen oder Vertreter der anderen linken Organisationen nur im Weg. Sie laufen der WASG zwar opportunistisch hinterher, haben aber, im Gegensatz zu Lafontaine, Geißler oder Seehofer, ernsthaftere Probleme mit den Auswirkungen kapitalistischer Politik.

Die WASG hat es bis heute nicht geschafft, die Massen einzusammeln, die sich organisatorisch von der SPD abgewandt haben oder der SPD keine Wahlunterstützung mehr geben. Lafontaine, von 1998 bis 1999 erster Finanzminister der Schröder-Regierung, ist ein typischer Vertreter bürgerlicher Politik. Er kritisiert den Kapitalismus nicht für seine ungerechte Politik, die schließlich nur folgerichtig ist, sondern ermahnt die herrschende Klasse, den Unterdrückten nicht zuviel wegzunehmen. Am Ende könnten sie aus der reformistischen Kontrolle entgleiten und dem Kapital eine unruhige Zeit bereiten. Die Demokratie ist in Gefahr!" pflegen dann bürgerliche Politiker einzuwerfen, und lassen uns an ihrer Schreckensvision von streikenden Arbeitern, solidarischen Studenten und Schülern sowie Massendemonstrationen an allen Orten teilnehmen. Eine solche Stimmung ist ein Ausgangspunkt für die Schaffung einer wirklich revolutionären Kraft, die die kapitalistischen Verhältnisse in Frage stellt. Die Aufgabe der WASG ist es, solchen Entwicklungen schon im Keim Einhalt zu gebieten. Dafür brauchen sie Vertreter, die ihr keynesianistisches Fehlprogramm glaubhaft in der Öffentlichkeit vertreten.

Wenn die WASG zu Seehofer oder Geißler einen positiven Bezug herstellt, dann ist das Teil ihrer klassenkollaborationistischen Ausrichtung. Diese Ausrichtung auf die Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Klasse sollte ein riesiges Dilemma für alle Linken und selbsternannten Sozialisten und Revolutionäre sein, die tatkräftig die WASG mit aufbauen.

Der Sozialabbau hat die Linke und Arbeiterbewegung vor neue Herausforderungen gestellt. Die WASG hat jedoch keine andere Antwort im Angebot, als die, eine neue rechts-reformistische Kraft aufzubauen, die als Bollwerk gegen eine Radikalisierung der Arbeiterklasse funktionieren soll.

Vorgebliche Revolutionäre: Heimat im reformistischen Sumpf

Eine Reihe linker Organisationen, vorgebliche Kommunisten, Sozialisten oder Revolutionäre streben den Aufbau und die Mitarbeit in der WASG an.

Die Gründung einer wählbaren Alternative für die Massen der von der Politik der Herrschenden Betroffenen ist ein richtiger und wichtiger Schritt zur möglichen Veränderung des politischen Ist-Zustandes in dieser Republik." …

Es ist nötig und möglich, Marxistinnen sich an dem Projekt der WASG, sowohl innerhalb der Partei als auch als Bündnispartnerinnen, beteiligen, da ein möglicher Erfolg auch das gesellschaftspolitische Feld für weitere Perspektiven wieder öffnen kann."

(Marxistische Blätter, Publikation der DKP, 2-05)

Im Sinne dieser Illusion bauen die SAV, die isl und Linksruck tatkräftig die WASG mit auf.

Linksruck: WASG aufbauen um jeden Preis!

Das Verhalten der Sozialisten" von Linksruck bewegt sich eigentlich unterhalb jeder Kritik. Opportunismus ist eine zu freundliche Bezeichnung für das, was die Linksruck-Taktik bei ihrer Arbeiten in der WASG auszeichnet. In ihrer Zeitung Linksruck" wird im Hurra-Stil" der Aufbau der Sozialstaatspartei" bejubelt.

Welche Partei will Linksruck aufbauen? Das bedeutet auch, dass die ASG sich selbst überflüssig macht, wenn sie sich ein sozialistisches Programm gäbe, weil sie so einen Großteil der für die ASG gewinnbaren Menschen ausschließen würde." (Argumente Nr. 6, Herausforderungen für die ASG 2005", März 2005)

Im Stile schlechter Populisten werden schon mal 500.000 Arbeitsplätze versprochen wobei ein Investitionsprogramm" der WASG unkritisch für bare Münze genommen wird oder man die bei einer Wahlumfrage prognostizierten 3% in 1,8 Millionen klassenkämpferische Wähler umdeutet.

Kritik am Keynesianismus oder an der bürokratischen Führung? Fehlanzeige! Mit Christine Buchholz sitzt eine Unterstützerin von Linksruck im Bundesvorstand der WASG. Politisch hat Linksruck keinerlei Problem mit der Ausrichtung der WASG. Sie soll als kleinster gemeinsamer Nenner aller mit der SPD Unzufriedenen aufgebaut werden. Anti-kapitalistische oder gar revolutionäre Positionen gegen den Sozialraub sind für Linksruck dabei nur hinderlich, stellen sie doch nicht das aktuelle Bewusstsein der Arbeiterklasse dar. Folgerichtig jubelt Linksruck, wenn sich Lafontaine in Richtung WASG orientiert oder das SPD-Urgestein Peter von Oertzen übertritt.

SAV: Keine Alternative

Kritischer ist da schon die SAV. Für demokratische Strukturen. Für einen kämpferischen Kurs. Für ein sozialistisches Programm." Diese Forderungen stehen über einer SAV-Broschüre zur WASG (Auf dem Weg zur Linkspartei Wie weiter für die WASG?", SAV, 10/2004)

Die SAV erkennt die bürokratische, nicht-klassenkämpferische Ausrichtung der WASG durchaus. Doch die SAV bietet nur halbherzige Alternativen an. Unter dem Titel Für ein sozialistisches Programm" wird zunächst der klassenkollaborationistische Appetit der WASG angegriffen. Geißler ist selbst für die anpassungsgewöhnte SAV ein schwer verdaulicher Brocken. Mit Lafontaine hatte man traditionell immer schon weniger Schwierigkeiten.

Die SAV ist jedoch bemüht, ihre reformistischen Blockpartner nicht durch sektiererische Losungen wie Für die entschädigungslose Enteignung der Kapitalisten! zu verprellen. Deshalb macht sie Gebrauch von der zweideutigen Forderung nach öffentlichem Eigentum. Dies ist in der Praxis allerdings nur eine Formel für Verstaatlichung von einzelnen Betrieben ohne die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse insgesamt in Frage zu stellen. Daher nützt es wenig, wenn die SAV schreibt:

Deshalb schlägt die SAV vor, dass eine neue Partei für die Einführung einer sozialistischen Demokratie eintritt und ihren Einsatz für die Erkämpfung von Reformen damit verbindet, zu erklären, dass es notwendig ist, den Kapitalismus abzuschaffen" (Programm nötig, in dem nicht das Kapital bestimmt", SAV-Broschüre).

Die Perspektive einer Revolution kommt gar nicht erst vor; dafür müssen sich die Manager mit dem durchschnittlichen Facharbeiterlohn begnügen. Der Versuch, einzelne Aspekte des von Trotzki formulierten Übergangsprogramms, wie z. B. Arbeiterkontrolle der Produktion, zusammen mit reformistischen Konzepten aufzukochen, führt zu einem politischen Eintopf, der vermischt, was unterschieden gehört: Reformismus und Revolution.

Die SAV kann aber aus Angst vor vermeintlicher Isolation nicht mit dem WASG-Aufbau brechen. Genossen der SAV engagieren sich intensiv im Wahlkampf für den rechtsreformistischen keynesianistischen Kurs der WASG, um in dieser Partei einen sozialistischen Flügel" darzustellen.

isl: Was schert uns der Reformismus?

Die isl, eine deutsche Gruppe, die zum Vereinigten Sekretariat der IV. Internationale gehört, erkennt den Reformismus der WASG, um das als Anlass für ihre Intervention zu sehen.

In einer Resolution der bundesweiten Mitgliederversammlung vom Dezember 2004 beschreibt die isl ihr Verhalten gegenüber der WASG. Das &Abklingen der Anfangsbegeisterung [hier im Bezug auf die Teilnahme von Gewerkschaftern] ist zu einem wesentlichen Teil bewusst oder unbewusst von führenden WASG-Vertretern herbei organisiert worden." (SoZ, Januar 2005)

Die isl will trotzdem Teil des breiten Konsens in der WASG für ein sozialreformistisches Programm sein, das nirgends den Kapitalismus in Frage stellt. Genossen, die den beschränkten Horizont der WASG erkennen, müssen sich nun in einer &nicht-belehrenden, nicht dogmatischen, nicht sektiererischen Weise artikulieren&" (Für eine starke und glaubwürdige politische Kraft der Linken! Resolution der bundesweiten Mitgliederversammlung der isl im Dezember 2004"). Schöne Worte, hinter denen man den eigenen Opportunismus gegenüber dem reformistischen Dogma namens WASG zu verstecken hofft.

Natürlich ist es den verschiedenen antikapitalistisch gesonnenen Strömungen & nicht gelungen, eine glaubwürdige politische Alternative aufzubauen." Wen wunderts, wenn die Anti-Kapitalisten wie die isl nichts besseres zu tun haben, als nach mehreren Massenmobilisierungen gegen Krieg und Sozialabbau die WASG aufzubauen.

isl und SAV sind zutiefst erleichtert, dass es mit der WASG eine neue Partei gibt, in der man vorerst den parlamentarischen Geruch von Einfluss erahnen kann. Beide Organisationen übersehen aber, dass die WASG kein Ausdruck einer qualitativen Linksentwicklung aufgrund der schon stattgefundenen Klassenkämpfe ist. Dies liegt darin begründet, dass die jüngsten Arbeiterkämpfe in Niederlagen endeten. In diesem Sinne ist die WASG aus Niederlagen und nicht aufgrund von Erfolgen der Arbeiterklasse geboren.

Gruppe Arbeitermacht (GAM): Walzer für die 5. Internationale

Den Linksaußen für die WASG stellt heute die GAM. Sie möchte eigentlich eine neue Arbeiterpartei aufbauen, und am besten ihre 5. Internationale gleich dazu. Dazu braucht man aber ein paar mehr Leute und die findet man eben in der WASG.

In der Mai 2004-Ausgabe der GAM-Zeitung Neue Internationale", also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Projekt der sogenannten Linkspartei" noch in den Anfängen steckte, stellte die GAM Kriterien für einen politischen und organisatorischen Schritt eines solchen Projekts nach vorne auf.

Damit eine solche Partei aber ein wirklicher Schritt vorwärts ist, muss sie von Beginn eine treibende Kraft bei der Organisierung des Abwehrkampfes gegen den Generalangriff des Kapitals sein. Das bedeutet, dafür einzutreten, lokale und betriebliche Kampfstrukturen aufzubauen. Es bedeutet, eine organisierte, klassenkämpferische Opposition in den Gewerkschaften aufzubauen. Es bedeutet, dass sie eine Kampagne für den Generalstreik gegen den Generalangriff entfachen muss und versucht, die Kämpfe zu generalisieren. Es bedeutet, dass sie den Kampf europaweit und international vorantreiben und die Aktionen gegen Agenda, Sozialraub, Massenentlassungen, Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerung mit dem Kampf gegen die imperialistische Besatzungspolitik in Afghanistan und Irak verbindet."

Richtig, und im selben Artikel erkennt die GAM auch an, dass die Vorläuferinitiativen der heutigen WASG eben genau dafür nicht stehen. Das heißt, in keiner Weise deckt sich die tatsächliche WASG mit den von der GAM aufgestellten Forderungen für ihre politischen Grundsätze und Aktivitäten. Aber wenn der eigene Appetit zur WASG treibt, muss man wohl das tun, wofür sich die GAM entschieden hat. Sie legte ein Programm vor, um dessen Kern sie eine klassenkämpferische, revolutionäre Fraktion in der WASG gründen möchte. Es gibt da nur das Problem der bürokratischen Ausschlussdrohungen.

Dazu sollen alle Linken, die für eine sozialistische, kommunistische oder revolutionäre Programmatik, für eine Politik des Klassenkampfes gegen Generalangriff und Kapitalismus eintreten, aus der Partei [der WASG] gesäubert werden."

(Neue Internationale 99, April 2005)

Hier ist positiv hervorzuheben, dass die GAM tatsächlich eine richtige Position einnimmt, wenn sie alle Linken gegen die bürokratischen Ausschlussdrohungen verteidigt.

Wer für ein revolutionäres Programm eintritt, hat nach der monatelangen Welle von Protesten gegen den Irak-Krieg und den Sozialabbau in der WASG nichts zu suchen. Die hat nämlich von der ersten Minute an nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie als Sozialstaatspartei zurück zur SPD-Politik vor der Agenda 2010 will. Die GAM dagegen will ihre Illusion nicht aufgeben, die WASG in eine Arbeiterpartei umzufunktionieren, die eine wirkliche Alternative zur SPD und PDS darstellt.

Der Reformismus mag zwar das aktuelle Bewusstsein der Masse oder eines Teils der politisch fortgeschritteneren Lohnabhängigen, die sich von SPD und PDS abwenden, widerspiegeln - dass das auch im Interesse der Lohnabhängigen wäre, ist jedoch ein bürgerliches Märchen."

(ebenda)

Und genau deshalb gibt es auch keine Perspektive in einem so reformistischen Projekt wie der WASG, die ja nicht einmal als Sammelbecken für die politisch fortgeschritteneren Lohnabhängigen fungiert und in die der größte Teil der Arbeiterklasse keine Illusionen hat. Die GAM möchte aber Teil der WASG sein, obwohl sich diese nicht nach links entwickelt. Wie sehr sie damit der Verbreitung des bürgerlichen Märchens" dient, scheint sie nicht zu begreifen. Das Konzept des Aufbaus einer 5. Internationale zeigt hier eindeutig, welches politische Konzept Vater des Gedankens ist: Kautskys II. Internationale.

Fazit

Weder das Programm noch die wahlpolitischen Forderungen rechtfertigen eine kritische Wahlunterstützung. Die Wahlalternative ist gefangen in einer sozialdemokratischen Real-Politik, die jede Hoffnung auf eine andere Welt jenseits der kapitalistischen Normalität verwirft.

Die Hegemonie des Reformismus über die Arbeiterklasse kann nicht dadurch gebrochen werden, in dem das nächste Bollwerk gegen kommunistische Auffassungen aufgebaut wird.

Wir rufen die Linken, die einen wirklichen Bruch mit den reformistischen Fehlprogrammen der SPD, PDS und WASG suchen, dazu auf, mit uns über eine revolutionäre Perspektive zu diskutieren.